07. August 2000
Unerhörte Minne - Der Kampf um Anerkennung schwuler Chöre
Unerhörte Minne
Der Kampf um Anerkennung schwuler Chöre im Badischen Sängerbund
Erschienen in Der Spiegel, Ausgabe 32/2000, Seite 115
Wie lustig sind Liedverse wie diese: „Jetzt tanzen alle Tunten, da qualmt der Stöckelschuh. Die Lesben, immer lässig, pfeifen cool den Takt dazu"? Überhaupt nicht ulkig finden der Badische Sängerbund und dessen Präsident Albrecht Münch, 70, derlei unerhörte Minne – und verweigern deshalb dem Freiburger Homo-Chor Die QueerFlöten die Aufnahme in den mit rund 251.000 Mitgliedern zweitgrößten Landesverband des Deutschen Sängerbunds.
Historischer Rechtsstreit
Zwar hat Münch noch nie ein Konzert eines schwulen oder lesbischen Chors gehört, glaubt aber entschieden zu wissen, dass sich das in seinem Verband auf keinen Fall gehört. Münch ficht einen einsamen Kampf: Als einziger Sänger-Regionalhäuptling Deutschlands will er auf gar keinen Fall homosexuelle Singgemeinschaften aufnehmen.
Nach jahrelanger Diskussion ging der Streit im August 2000 erstmals vor den Kadi. Neben den Freiburger QueerFlöten wollten vorm Landgericht Karlsruhe die einheimischen Schrillmänner und die Rosa Kehlchen aus Heidelberg ihre Aufnahme in den Verband erzwingen.
Stimmen der Beteiligten
„Jetzt soll endlich Schluss sein mit der Diskriminierung", grollte QueerFlöte Sebastian Strohmayr, 22.
Für den Vorsänger Münch war das bunte Tunten-Treiben der Homo-Chöre „ethisch ein Störfaktor". Schon 1997 klagte der oberste badische Sangesbruder: „In welchem Aufzug die auftreten, in welchen rhythmischen Bewegungen sie sich da oben bewegen … Und das wollen wir hier nicht haben."
Bedeutung für die Rosakehlchen
Dieser Artikel dokumentiert einen wichtigen Meilenstein in der Geschichte der Rosakehlchen und der Anerkennung schwuler Chöre in Deutschland. Der Rechtsstreit um die Aufnahme in den Badischen Sängerbund war wegweisend für die Gleichberechtigung von LGBTQ+-Chören im deutschen Chorwesen.